Ob wir die Situation in der Welt oder auch unser eigenes in diese übergeordneten Zusammenhänge eingebettetes Leben betrachten: wir spüren, dass wir uns in einer Zeit des Umbruchs befinden. Gemäß dem Human Design durchläuft das Weltgeschehen seit jeher Phasen mit einer bestimmten Zeitqualität, die jeweils ca. 400 Jahre dauern. 2027 verlassen wir den seit dem Jahr 1615 wirksamen „Zyklus der Planung“. Dieser Zeitraum umfasst ziemlich genau den geschichtlichen Zeitraum, den man als Moderne bezeichnet.
Kennzeichen dieser Phase ist die Loslösung des Menschen aus den Bedingtheiten seiner natürlichen Begrenzungen durch auf Wissenschaft und sozialer Innovation beruhende Technologien. Diese Loslösung aus den engen Grenzen einer biologischen Spezies wurde erkauft durch ein Verlassen der kosmischen und planetaren Ordnung, durch eine Trennung unseres individuellen und kollektiven Bewusstseins vom Ganzen im Sinne einer Absonderung, einer Separation.
Sämtliche Erfindungen, die genuin dem Einen Bewusstsein entspringen, haben wir als Menschheit durch unsere Abgetrenntheit als nahezu ausschließlich auf unserem zivilisatorischen Fortschritt beruhende „eigene“ Errungenschaften proklamiert. Mein Auto, mein Haus, mein Boot... unser Kernforschungszentrum, unser Geldsystem, unsere politischen und gesellschaftlichen Institutionen.
Was wir als Menschheit in dieser Zeit geschaffen haben, haben wir nahezu ausschließlich auf Basis unserer Schatten erschaffen, die aus dem Bewusstsein der Abgetrenntheit erwachsen. In diesem Zustand geht es stets in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen um ein Überleben, um ein Aufstauen und Verdinglichen von materiellen wie immateriellen Gütern wie Sicherheit bzw. aus einem Zerstören dieser Güter aus Angst vor dem Unsicheren.
Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass der jetzt zu Ende gehende „Zyklus der Planung“ geprägt war von Kämpfen um Einfluss und Macht und deren Absicherung durch Verträge, Rechtssysteme, gesellschaftliche und transnationale Institutionen und deren Unterwanderung und Manipulation durch einflussreiche individuelle wie institutionelle Player. Es ging dabei stets und vermehrt seit Anbruch des Informationszeitalters um die Deutungshoheit im Kollektiv bezüglich „der Wahrheit“ oder „dem Richtigen“.
Wir können also sagen, dass diese auslaufende Phase durch einen „tribalen Sound“ gekennzeichnet war, in dem wir noch immer drinstecken: dieser Hintergrundsound fußt auf dem Täter-Opfer-Paradigma und bringt in einem dynamischen Geschehen auf unterschiedlichen Ebenen von Partnerschaft, Gruppen und Teams, Institutionen und Nationen mit ihren hierarchischen Strukturen diejenigen Individuen hervor, die manipulieren und diejenigen, die sich manipulieren lassen.
Laut Human Design geht die Menschheit ab 2027 für die nächsten ca. 400 Jahre in den „Zyklus des schlafenden Phönix“. Die 4 Hexagramme, die im so genannten Inkarnationskreuz die Zeitqualität dieser entsprechenden Epoche beschreiben, geben uns ein Gefühl dafür, vor welchen Aufgaben und Herausforderungen wir gemeinsam stehen. In jedem dieser Hexagramme gibt es Schattenaspekte, die bewusst gemacht und erlöst und dann in Gaben und „vervollkommnete Gaben“ transformiert werden können. Auf diese Weise kann sich Oberflächlichkeit in Selbstsicherheit und Präsenz, Gewalt in Stärke und Würde, Opferdasein in Freiheit und „vervollkommnete Freiheit“ sowie Unehrlichkeit in Intimität und Transparenz wandeln.
Zwischen diesen Qualitäten können wir mit unserer Intuition Zusammenhänge wahrnehmen: die Unehrlichkeit, die darin besteht, dass wir uns nicht eingestehen wollen, dass wir uns selbst manipulieren, um z.B. unsere Beteiligung am Opfer-Täter-Spiel im Außen zu verschleiern, führt dazu, dass wir nicht die volle Verantwortung übernehmen für das, was wir erleben. In diesem Klima gedeihen Oberflächlichkeit, Gewalt, Verantwortungslosigkeit und Unfreiheit als Schatten, die unbewusst zum Aufbau von (Macht)Strukturen führen.
Der Ausweg besteht darin, dass wir uns selbst auf die Schliche kommen. Vergegenwärtigen wir uns die oben skizzierten Transformationen innerhalb der Hexagramme des Inkarnationskreuzes, so können wir bemerken, dass diese Transformationsschritte mit einem „Feinfühligerwerden“ in Beziehungskontexten zu tun haben. Zum einen geht es um den Beziehungskontext mit sich selbst (Was will ich in diesem Leben wirklich? Welche Bedürfnisse habe ich wirklich? Wie dankbar bin ich für das Leben?), zum anderen um den Beziehungskontext zwischen Menschen (Was sind meine Bedürfnisse in der Beziehung? Kann ich zu diesen Bedürfnissen stehen? Kann ich verantwortlich bleiben, auch wenn Bedürfnisse vom anderen nicht erfüllt werden?).
Diese Art der Feinfühligkeit können wir uns nicht allein auf einem Kissen „ersitzen“. Vielmehr braucht es den Mut, in Beziehungssituationen „aufs Ganze“ zu gehen, etwas zu riskieren, uns „nackt zu machen“, Scheitern zuzulassen und in diesem Phönixprozess des bewussten und verantwortlichen Sterbens und Wiederauferstehens mehr und mehr an Selbstsicherheit und Präsenz, Stärke und Würde, Intimität, Transparenz und Freiheit zu gewinnen.
Diese durch den Sterbensprozess „erlösten Qualitäten“ sind nicht definierte, in sich abgegrenzte persönliche Eigenschaften, die wir durch eine Technik oder Methode lernen können. Das ist das alte Denken der auslaufenden Epoche. Sie gehören zu einem oder einem Bündel von Bewusstseinszuständen. Der Phönixzustand ist so ein aus dem bisherigen Bewusstsein in Beziehungskontexten auftauchender „neuer Zustand“, der uns die obigen Qualitäten als unterschiedliche Facetten ein und desselben Ich-Gefühls schenkt. Die herausragendste Charakterisierung ist das Gefühl vollkommener Autonomie bei gleichzeitig vollkommener Verbundenheit. Es ist ein Gefühl, mit den Menschen um mich herum, auch wenn ich sie erst ein paar Tage kenne, in unverbrüchlicher Freundschaft vereint zu sein. Es ist zugleich das Gefühl, von niemandem manipuliert werden zu können, weil es in diesem Zustand kein „Manipulierenwollen“ gibt. Es ist ein Zustand für die unterschiedlichen Beziehungs- und Organisationsformen, der dem Entwicklungspfad der kommenden Zeitqualität entspricht. Ein Zustand, der uns erhebt, wenn wir ihn erleben, und den wir deshalb wegen seiner Schönheit für uns verwirklichen wollen, ein Zustand, durch den Entscheidungen in sozialen Systemen auf Basis einer gänzlich neuen Form von Kommunion getroffen werden können. Der äußere Erfolg und die Lebensqualität, die wir durch „reibungslosere Beziehungen“ gewinnen, sind als eine Beigabe zu sehen dafür, dass wir diesen Zustand um seiner selbst Willen anstreben.
Es ist auffällig, dass diese Bewusstwerdung vom Individuum ausgehen muss. Nur wenn der Einzelne ehrlich zu sich selbst ist, zu seinen Bedürfnissen steht, niemanden außer sich selbst verantwortlich macht und die gegenseitige Abhängigkeit anerkennt, kann er in Beziehungskontexten zu der beschriebenen Qualitätsveränderung beitragen. Die Zeit des „tribalen Sound“ neigt sich dem Ende entgegen, und das kommende Zeitalter wird ein vom Individuum geprägtes sein.
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